Lärmminderung von Waschbetonfahrbahndecken

Dipl.-Ing. J. Skarabis
Förderer: BMVBS / bast

Beim Bau von Betonfahrbahndecken wird in Deutschland bevorzugt Waschbeton als Oberbeton eingesetzt. Neben einer hohen Dauerhaftigkeit gegenüber Witterungseinflüssen und den Einwirkungen aus Verkehr zeichnet sich Waschbeton durch eine hohe Griffigkeit aus. Gemäß den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) weisen Waschbetonoberflächen einen DStrO-Wert von -2 dB(A) auf und zählen somit zu den lärmarmen Fahrbahndecken. Sowohl die Griffigkeit als auch die Lärmminderungseigenschaften werden maßgeblich von der Oberflächentextur bestimmt. Die Texturcharakterisierung von Waschbetonfahrbahndecken erfolgt in der Regel über die Bestimmung der mittleren Oberflächentexturtiefe mit dem Sandfleckverfahren nach DIN EN 13036-1 und über die Bestimmung der Profilspitzenanzahl. Bisher bestand nur unzureichende Kenntnis zum Einfluss der Textureigenschaften auf die Griffigkeit und Geräuschemission von Waschbetonfahrbahndecken. Ziel des Forschungsvorhabens war es daher zu klären, wie die Textureigenschaften die Gebrauchseigenschaften von Waschbetonfahrbahndecken beeinflussen. Des Weiteren galt es zu klären, inwiefern betontechnologische Parameter (insbesondere die Eigenschaften der groben Gesteinskörnung) die Oberflächentextur und somit die Gebrauchseigenschaften beeinflussen.

Im ersten Teil der Untersuchungen wurden Daten von 21 Waschbetonpraxisstrecken hinsichtlich der Wechselwirkung zwischen Betonzusammensetzung bzw. Textureigenschaften und Griffigkeit sowie Geräuschemission ausgewertet. Die Daten wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen zur Verfügung gestellt und durch eigene Untersuchungen ergänzt. Hier zeigte sich, dass die Geräuschemission der Waschbetonoberflächen im Wesentlichen von der Sieblinie der Gesteinskörnung und der Texturtiefe beeinflusst wird. Dabei haben sich eine stetige Sieblinie und eine geringe Texturtiefe als günstig erwiesen. Zu beachten ist jedoch, dass eine geringe Texturtiefe mit einer abnehmenden Griffigkeit einhergeht. Ohne nähere Kenntnis der griffigkeitstechnischen Auswirkungen der gewählten Gesteinskörnung scheint als Anhaltswert für die sichere Erfüllung der Griffigkeitsanforderungswerte ein MPD-Wert von 0,64 mm erforderlich zu sein. Dieser Wert entspricht einer geschätzten Texturtiefe ETD = 0,71 mm. Bezüglich der Auswertung der Praxisstrecken ist zu beachten, dass lediglich ein vergleichsweise geringer Datenumfang vorlag.

Im zweiten Teil der Untersuchungen wurde mit dem Simulationsproramm SPERoN der Einfluss verschiedener Textureigenschaften auf die Geräuschemission von Waschbetonoberflächen systematisch untersucht. Hierzu wurden die Parameter Größtkorndurchmesser, Profilspitzenzahl und Höhenversatz der Körner systematisch variiert und die Vorbeirollpegel auf diesen künstlich erzeugten Oberflächen rechnerisch ermittelt. Die Untersuchungen ergaben, dass die Profilspitzenanzahl (Größtkorn 8 mm) mit abnehmender Ausbürsttiefe die akustischen Eigenschaften nur unwesentlich beeinflusst. Lediglich bei gröberen Texturen (größeres Größtkorn und zunehmende Ausbürsttiefen) ist ein deutlicher Einfluss der Profilspitzenanzahl auf den Vorbeirollpegel feststellbar, weil der Reifen dann mehr in die Textur eindringt und dadurch stärker zu Schwingungen angeregt wird. Bei gleichbleibendem Größtkorn ist vor allem der Höhenversatz der Körner untereinander ein maßgebender Einflussparameter auf die akustischen Eigenschaften. Der Höhenversatz kommt umso stärker zum Tragen, je größer die Ausbürsttiefe gewählt wird. In diesem Fall werden die Wellenlänge λmax und die zugehörige Rauigkeitstiefe Rmax in ungünstige Bereiche verschoben, auch der Gestaltfaktor g wird niedriger. Der Einfluss des Höhenversatzes lässt sich anschaulich dadurch begründen, dass der Reifen, der über die Textur rollt, stärker zu Schwingungen angeregt wird. Die Ausbürsttiefe (im Sinne des hier verwendeten Ansatzes der Simulation) ist ein wesentlicher Parameter für die akustischen Eigenschaften der Oberfläche. Sie wirkt sich direkt auf die akustisch relevante Rauigkeitstiefe Rmax und die zugehörige Wellenlänge λmax im Texturspektrum aus, wodurch die Reifenschwingungen beeinflusst werden. Je geringer die Ausbürsttiefe wird, desto geringer wird der Einfluss des Höhenversatzes und vor allem der Profilspitzenanzahl auf den Vorbeirollpegel.

Auf Grundlage der Simulationsergebnisse wurden im Labor Waschbetonprobekörper hergestellt und dabei systematisch mögliche Einflussgrößen auf die Geräuschemission variiert. Dazu gehörten die Ausbürsttiefe, die Korngrößenverteilung der groben Gesteinskörnung, die Kornform sowie die Profilspitzenanzahl. Anschließend wurden an den Oberflächen Texturmessungen und Messungen des texturinduzierten Strömungswiderstands durchgeführt und anhand des Simulationsprogramms SPERoN der zu erwartende Vorbeirollpegel (PKW mit definiertem Reifentyp) berechnet. Die Untersuchungen ergaben, dass die Ausbürsttiefe der wesentliche Einflussfaktor auf die Geräuschemission von Waschbetonfahrbahndecken ist (siehe Bild 1).

Bei den untersuchten Texturtiefen (ETD-Werte) von 0,59 mm bis max. 1,45 mm wurden mit zunehmender Texturtiefe deutlich höhere Vorbeirollpegel ermittelt. Bezüglich der Korngrößenverteilung der groben Gesteinskörnung konnte für die hier untersuchten Fälle kein Einfluss des Größtkorns (max. 8 mm) festgestellt werden. Die Untersuchungen zur Variation des Kleinstkorns der groben Gesteinskörnung zeigten, dass mit geringerem Kleinstkorn geringere Vorbeirollpegel erzielt wurden. Das heißt, dass bei Verwendung von Gesteinskörnung mit stetiger Sieblinie im Vergleich zur Ausfallkörnung in der Tendenz mit besseren Vorbeirollpegeln zu rechnen ist. Hinsichtlich der Kornform der groben Gesteinskörnung wurde festgestellt, dass ein geringer Anteil schlecht geformter Körner zu einer höheren Packungsdichte der Gesteinskörnung und infolgedessen zu einer höheren Profilspitzenanzahl führt. Daraus ergibt sich ein höherer Gestaltfaktor, der im Allgemeinen zu geringeren Vorbeirollpegeln führt. Vorausgesetzt, dass die verwendete grobe Gesteinskörnung der Kornformklasse SI15 genügt, war kein Einfluss der Kornform auf den Vorbeirollpegel festzustellen. Bei einer Profilspitzenanzahl zwischen 28 und 50 (pro 25 cm²) zeigte sich tendenziell eine geringe Verbesserung des Vorbeirollpegels mit zunehmender Spitzenanzahl. Bei einer Anzahl von größer 50 konnte keine weitere Verbesserung des Vorbeirollpegels beobachtet werden. Bei einem Größtkorn von 8 mm scheint eine Mindestzahl von ca. 50 Profilspitzen (pro 25 cm²) erforderlich zu sein, um dem Fahrzeugreifen eine ausreichend hohe Zahl an Kontaktpunkten zu bieten. Die Texturtiefen der Betone, an denen die Profilspitzenanzahl variiert wurde, lagen zwischen 0,7 mm und 0,9 mm.

Aus den in diesem Forschungsvorhaben durchgeführten Untersuchungen lässt sich für die Praxis Folgendes ableiten:

  • Die Verwendung von Gesteinskörnung mit stetiger Sieblinie ist aus akustischer Sicht als günstig zu beurteilen.

  • Bezüglich der Kornform ist darauf zu achten, dass die verwendete grobe Gesteinskörnung der Kornformklasse SI15 genügt. Ein geringer Anteil ungünstig geformter Körner führt zu einer höheren Packungsdichte und zu einer höheren Profilspitzenanzahl. Daraus ergibt sich ein höherer Gestaltfaktor, der im Allgemeinen geringere Vorbeirollpegel bedingt.

  • Eine Profilspitzenanzahl von mindestens 50 (pro 25 cm²) ist anzustreben.

  • Die Texturtiefe der Waschbetonoberfläche sollte innerhalb des von der ZTV Beton vorgegebenen Bereichs so gering wie möglich ausgeführt werden. Bei der Festlegung der Texturtiefe ist darauf zu achten, dass eine Verringerung der Texturtiefe zu geringeren Griffigkeiten führt. Der Mindestwert der Texturtiefe nach ZTV Beton muss in jedem Fall sicher eingehalten werden.

  • Ohne nähere Kenntnis der griffigkeitstechnischen Auswirkungen der gewählten Gesteinskörnung scheint als Anhaltswert für die sichere Erfüllung der Griffigkeitsanforderungswerte ein MPD-Wert von 0,64 mm erforderlich zu sein. Dieser Wert entspricht einer geschätzten Texturtiefe ETD = 0,71 mm, welche aufgrund der 100m-Abschnittsbildung und -Bewertung des SKM-Messverfahrens auch in jedem einzelnen 100m-Abschnitt zu erreichen wäre.

Optimierte Waschbetondecken bedürfen eines hohen Maßes an Qualitätssicherung, das bereits in der Ausschreibungsphase zu berücksichtigen ist. Die Ausgangsstoffe und die Frischbetoneigenschaften des Betons sind kontinuierlich zu prüfen. Ebenso ist die hergestellte Oberflächentextur kontinuierlich und zeitnah zu kontrollieren, um die Ausbürsttiefen den jeweiligen Gegebenheiten anpassen zu können. Dies vorausgesetzt, lassen sich homogene Waschbetonoberflächen herstellen, die den Anforderungen an die Griffigkeit und an die Lärmminderung gerecht werden.

Die detaillierten Untersuchungsergebnisse können aus dem bast-Forschungsbericht FE 08.0201/2009/OGB Bewertung und Optimierung der Grobtextur von Waschbetonfahrbahndecken entnommen werden.