Anwendungsorientierte Optimierung und Klassifizierung der rheologischen Eigenschaften von UHPC

Bearbeitung: T. Kränkel; D. Lowke; O. Mazanec
Förderung: DFG (Vorhaben GE1973/8, in Zusammenarbeit der Universität Kassel SCHM 1589/12)

Ausgangsfragen und Zielsetzung

Ultrahochfester Beton (UHPC) ist ein High-Tech-Werkstoff. Als solcher stellt er hohe Anforderungen an die Konzeption, Herstellung und Verarbeitung. Er zeichnet sich durch sehr hohe Zement-, Fließmittel- und Zusatzstoffgehalte sowie einen niedrigen Wasserzementwert (w/z-Wert) aus. Jeder Ausgangsstoff hat Einfluss auf die rheologischen Eigenschaften des UHPC, wodurch die Qualität der Verarbeitung und folglich die lokalen mechanischen Eigenschaften des Bauteils erheblich beeinflusst werden. So können infolge unzureichender Verarbeitungseigenschaften Hohlräume, Fasersedimentationen oder unregelmäßige Faserverteilungen auftreten. Zudem ist UHPC aufgrund des besonders hohen volumetrischen Feststoffgehalts recht hochviskos. Er fließt und entlüftet dadurch in der Schalung häufig nur unzureichend.

Für den Praxiseinsatz ist es unabdingbar, das komplexe Zusammenspiel der Ausgangsstoffe und dessen Auswirkungen auf das Fließverhalten von UHPC zu verstehen. Nur so ist es möglich, den Betonentwurf individuell an die jeweiligen Bauteile und Herstellbedingungen zielsicher anzupassen. Ziel der Untersuchungen am Centrum Baustoffe und Materialprüfung war es, die maßgeblichen Mechanismen zur Steuerung von Viskosität und Fließgrenze von UHPC sowie deren zeitliche Entwicklung (Thixotropie) zu klären. Darauf aufbauend wurde ein Klassifizierungssystem entwickelt, das es ermöglicht, die Verarbeitungseigenschaften der UHPC für eine ausreichende Formfüllung im Entwurfsprozess festzulegen, in der Eignungsprüfung einzustellen und bei der Herstellung zu überwachen. Dafür wurden rheologische Untersuchungen an den UHPC mit Formfüllungsversuchen in praxisnahen L-förmigen Modellschalungen (Bild 1) kombiniert.

Betontechnologische Einflüsse auf die Viskosität und Thixotropie

In einem ersten Schritt konnte gezeigt werden, wie die rheologischen Eigenschaftskennwerte Viskosität und Thixotropie, und damit die Verarbeitungseigenschaften eines UHPC, zielsicher durch beton-technologische Maßnahmen sowie die Fließmittelstruktur gesteuert werden können.

Demnach stellt die Variation des relativen Feststoffanteils (Φ + Φhyd) / Φ m durch Änderung von Art, Feinheit und Gehalt der Zusatzstoffe ein wertvolles Mittel dar, um die plastische Viskosität von UHPC zu reduzieren und somit seine Verarbeitungseigenschaften zu verbessern, Bild 2. Für eine Reduzierung der plastischen Viskosität bei konstantem Wasser/Feststoff-Verhältnis (bzw. w/b-Wert) lassen sich zwei Strategien ableiten:

  • Reduzierung des tatsächlichen Feststoffanteils Φeff durch Reduzierung des chemisch gebundenen Wassers Φhyd mit zunehmender Substitution des Zements durch inerte Zusatzstoffe und
  • Erhöhung der maximalen Packungsdichte der Feststoffe Φm durch Einsatz von im Vergleich zum Zement gröberen bzw. feineren Zusatzstoffen.

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Thixotropie gezielt durch den Feststoffgehalt, die maxi-male Packungsdichte, den Fließmittelgehalt und die Struktur des Fließmittels gesteuert werden kann. Demnach sinkt die Thixotropie mit abnehmendem Feststoffgehalt, mit zunehmender maximaler Packungsdichte, mit zunehmender Fließmitteladsorption sowie bei Verwendung von Fließmitteln hoher Molmasse. Eine Besonderheit ultra-hochfester Betone stellt dabei die Dominanz der Fließmitteladsorption gegenüber dem Feststoffgehalt bei sehr hohen Feststoffgehalten (sehr geringen w/z-Werten) dar.

Einfluss der rheologischen Kenngrößen auf die Verarbeitungseigenschaften und das Formfüllungsvermögen

In den anschließenden Untersuchungen wurde der Einfluss der rheologischen Kenngrößen auf die Verarbeitungseigenschaften und das Formfüllungsvermögen quantifiziert. Es konnte gezeigt werden, dass sich das Formfüllungsvermögen der UHPC mit zunehmender dynamischer Fließgrenze t0D reduziert, Bild 3a. So verringerten sich mit dynamischer Fließgrenze t0D die gemessenen bzw. berechneten Fließstrecken (FS bzw. FScalc) in den Modellschalungen L.25 bis L.75.

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass das Formfüllungsvermögen auch mit zunehmender plastischer Viskosität µ reduziert wird, Bild 3b. Die plastische Viskosität steht jedoch nicht im direkten kausalen Zusammenhang mit dem Formfüllungsvermögen. Ursächlich für dieses Verhalten ist vielmehr der thixotrope Strukturaufbau der UHPC während der Fließbewegung.

Im Hinblick auf die praxisgerechte Bewertung der Verarbeitungseigenschaften konnte darüber hinaus ein direkter Zusammenhang der rheologischen Kennwerte dynamische Fließgrenze t0D und plastische Viskosität µ mit den in praxistauglichen Verarbeitbarkeitsversuchen ermittelten Kennwerten Setzfließmaß SF und Fließzeit t500 nachgewiesen werden, Bild 4. Dies ist insbesondere für die baupraktische Anbindung der gewonnenen Erkenntnisse von Belang.

Praxisgerechte Bewertung des Formfüllungsvermögens von UHPC

Aus der Kombination aller Untersuchungsergebnisse wurden schließlich Mindestanforderungen an die Verarbeitungseigenschaften der UHPC - Viskosität und Fließgrenze - zur Sicherstellung einer ausreichenden Formfüllung in Abhängigkeit von drei definierten Bauteilklassen abgeleitet, Bild 5. Erwähnenswert ist insbesondere, dass bei der Bewertung auch die thixotropen Eigenschaften Berücksichtigung finden. So steigt mit zunehmender Fließzeit (Viskosität) eines UHPC die Anforderung an das Mindest-Setzfließmaß (max. Fließgrenze), um vollständige Formfüllung zu gewährleisten.