Leichtverdichtbare und selbstverdichtende Betone mit gebrochener Gesteinskörnung aus der Natursteinindustrie
Als grobe Gesteinskörnung wird in leichtverdichtbaren und selbstverdichtenden Betonen (LVB und SVB) bevorzugt Kies verwendet, da durch dessen runde Kornform und die geringe Oberflächenrauheit besonders gute Verarbeitbarkeitseigenschaften erzielt werden. In vielen Regionen Deutschlands ist Kies aber nur in unzureichendem Maße verfügbar, so dass seine Verwendung wegen großer Transportwege unwirtschaftlich ist. Durch den Einsatz von gebrochener Gesteinskörnung könnte diesem Missstand Abhilfe geschaffen werden. Ein weiterer Vorteil der Verwendung gebrochener Gesteinskörnungen ist in den zu erwartenden verbesserten Festbetoneigenschaften zu sehen. In erster Linie sind eine Erhöhung der Zugfestigkeit und des Elastizitätsmoduls sowie eine Verringerung der Schwindverformungen zu nennen. Für die baupraktische Anwendung von gebrochenen Gesteinskörnungen in LVB und SVB liegen jedoch nur begrenzt Erfahrungen vor. Das Hauptziel des Forschungsvorhabens war deshalb die Klärung der Möglichkeit eines hochwertigen Einsatzes regional vorhandener Splitte für leichtverdichtbare und selbstverdichtende Betone.
Es wurde zunächst untersucht, wie sich die Kornform und die Oberflächenrauheit sowie der Gehalt der groben Gesteinskörnungen auf die Verarbeitbarkeitseigenschaften (Fließmaße und -zeiten sowie Blockierverhalten) fließfähiger Betone auswirken. Es wurde herausgefunden, dass der Einsatz von Splitten in SVB bei üblichen Grobkorngehalten zu vergleichbaren Verarbeitbarkeitseigenschaften führt, wie die Verwendung von Kies. Die Steigerung des Grobkorngehalts führte zu einer zunehmenden Reduzierung der Verarbeitbarkeit. Die Untersuchungen ergaben, dass sich die Oberflächenrauheit der groben Gesteinskörnung insbesondere auf die Höhe der Fließzeiten der SVB auswirkt. Das Blockierverhalten der SVB wird dagegen maßgeblich durch die Kornform der groben Gesteinskörner determiniert.
Es wurden in Abhängigkeit der Art der groben Gesteinskörnung optimale und maximale Grobkorngehalte festgelegt. Der optimale Grobkorngehalt entspricht dem maximal möglichen Gehalt an Grobkorn in einem SVB, der nicht zu einer Verschlechterung der Verarbeitbarkeit führt. Für die untersuchten Splitte lag dieser bei einem Feststoffvolumenvolumen des Grobkorns von 36 Vol.-%. Der optimale Grobkorngehalt bei der Verwendung von Kies lag bei einem Feststoffvolumen von 46 Vol.-%. Der maximale Grobkorngehalt stellt den maximal möglichen Gehalt an Grobkorn dar, welcher eingesetzt werden kann um einen SVB mit reduzierter Verarbeitbarkeit herzustellen. Bei den untersuchten Splitten lag dieser Gehalt bei einem Feststoffvolumen von 41 Vol.-%, für den Kies bei 48 Vol.-%. Der Splitt wies demnach geringere Gehalte für den optimalen und den maximalen Grobkorngehalt auf. Baupraktisch ist dies jedoch nicht direkt als Nachteil zu sehen, da die durchgeführten Festbetonuntersuchungen ergaben haben, dass sich die Verwendung von Splitt positiv auswirkt. Untersucht wurden die zeitliche Entwicklung der Druck- und Spaltzugfestigkeiten sowie der E-Moduln. Zum Erreichen gleichwertiger Festbetoneigenschaften müssen somit geringere Grobkorngehalte eingesetzt werden, was sich positiv auf die Verarbeitbarkeit auswirkt.
SVB besitzen in der Regel Mehlkorngehalte oberhalb der Grenzwerte der DIN EN 206 / DIN 1045 2. Als Folge dessen werden für deren baupraktischen Einsatz ein erhöhter Umfang an Eignungsprüfungen und Qualitätssicherungsmaßnahmen gefordert. Dies macht den Einsatz von SVB insbesondere bei kleinen und mittleren Bauprojekten oft unrentabel. Ein weiterer Schwerpunkt des Forschungsvorhabens war deshalb, aufbauend auf den Untersuchungen des ersten Versuchsteils, durch weitere Optimierungsmaßnahmen der Betonzusammensetzung einen SVB mit Splitt zu entwickeln, welcher hinsichtlich seiner stofflichen Zusammensetzung die Grenzen der DIN EN 1045-2 bzw. der EN 206-1 einhält. Der SVB mit Normzusammensetzung zeichnete sich durch ausreichende Verarbeitbarkeitseigenschaften sowie Selbstentlüftung aus. Die Festbetoneigenschaften lagen im Erfahrungsbereich herkömmlicher SVB. Somit könnte dieser in der Praxis mit demselben Prüfaufwand eingesetzt werden, wie ihn ein herkömmlicher Rüttelbeton besitzt.
Neben den Untersuchungen zum SVB wurden in dem Forschungsvorhaben auch Versuche an LVB durchgeführt. Es wurden Untersuchungen zum Einfluss des Wasser/Mehlkorn-Volumenverhältnisses, des Sandgehalts, der Grobkornart und der Bindemittelleimzusammensetzung durchgeführt und so die Grundlagen zur Entwicklung einer Systematik zur Herstellung robuster LVB erarbeitet. Dabei haben sich ein Wasser/Mehlkorn-Volumenverhältnis von 1,0 sowie ein Sandgehalt von 50 Vol.-% des Mörtelvolumens zur Herstellung von robusten LVB mit hervorragenden Verarbeitbarkeitseigenschaften als besonders günstig herausgestellt. Die Verwendung von Splitt besaß hinsichtlich der Sedimentationsstabilität und Robustheit der Betone Vorteile, die Verwendung von Kies führte insbesondere zu geringeren Blockierhöhen. Es wurden Versuche mit zwei Zementen, zwei Kalksteinmehlen und einer Steinkohlenflugasche durchgeführt. Alle untersuchten Leimzusammensetzungen ließen eine Eignung für den Einsatz im LVB erkennen.
Im letzten Teil des Forschungsvorhabens wurden Versuche zur Herstellung einer Oberflächenneigung mit SVB durchgeführt. Durch die Entwicklung eines SVB, welcher innerhalb weniger Minuten nach dem Einbau die Herstellung einer Oberflächenneigung von 4 % zielsicher ermöglicht, eröffnen sich ganz neue Anwendungsgebiete für SVB. So ist unter Anderem der Einsatz im Brückenbau oder die Herstellung fester Fahrbahnen im Eisenbahnbau zu nennen. Es wurde zunächst in Mörteluntersuchungen eine Mörtelrezeptur mit hoher Thixotropie entwickelt. Die hohe Thixotropie führte bei den anschließenden Betonversuchen zu einer hohen Fließfähigkeit während des Einbaus der Betone sowie innerhalb weniger Minuten zu einem starken (reversiblen) Rückgang der Fließfähigkeit in der Ruhephase nach dem Einbau. Es wurden Betone entwickelt, mit welchen mit der Hilfe einer Deckelschalung innerhalb von 150 s nach dem Einbau einen Oberflächenneigung von 10 % eingestellt werden konnte. Anschließend wurden Versuche durchgeführt, ob diese speziellen SVB auch die Einstellung einer Neigung der ungeschalten Oberfläche erlauben. Durch den Einsatz von Thixotropiermitteln gelang es, die Thixotropie der optimierten Betonrezeptur weiter zu steigern. Dies ermöglichte die zielsichere Herstellung einer Oberflächenneigung von 4 % nach einer Standzeit des Betons von lediglich 6 Minuten. Der entwickelte Beton zeichnete sich zudem durch eine ausreichende Verarbeitbarkeit und Selbstentlüftung aus.
Ansprechpartner
Dipl.-Ing. T. Kränkel
Förderung
AiF / MIRO